«Für Impfgegner werden zu viele Steuergelder ausgegeben»

Interview mit Marius Fedeli in der AargauerZeitung vom 09. September 2021

Der Buchser Gemeinderatskandidat Marius Fedeli (SP) über Multikulturalität, das Wynecenter und den Wert der Natur.

Was stört Sie an Buchs?

Marius Fedeli: Grundsätzlich sind es Kleinigkeiten. Es stört mich etwas, dass Buchs sich oft unter Wert verkauft und kleine Dinge, welche bereits zur Attraktivitätssteigerung unternommen werden könnten, nicht unternimmt – zum Beispiel den Aushang vor dem Gemeindehaus optisch sauber halten, das LKW-Problem im Lostorf lösen, historische Zeitzeugen erhalten. Ausserdem stört es mich, wenn Buchs auf das Wynecenter, die ansässige Industrie, eine Nicht-Einbürgerung oder die Aarauerstrasse reduziert wird. Unser Dorf hat viel mehr zu bieten und kann sich noch besser als attraktiver Agglomerationswohnort vermarkten.

Wie lange halten Sie es ohne Handy aus?

Für mich ist das Handy ein Werkzeug für Aktionen und Reaktionen, die bei mir bekanntlich sehr zeitnah erfolgen. Handys können in vielen Fällen eine gute Hilfe sein, aber auch extrem abhängig machen. Ich nutze mein Handy beim Arbeiten bewusst «nur» als Uhr und in den Pausen, am restlichen Tag am Morgen und nach Feierabend im Zug oft und je nach Abendprogramm mehr oder weniger. Ich benutze es aber jeweils an Wochenenden auch explizit nicht, so war ich kürzlich zwei Tage in den Alpen, wo ich gar kein Mobilfunknetz hatte und somit das Handy nur zum Fotografieren verwendete. Es ist sehr erholsam, auch mal «unerreichbar» glücklich zu sein.

Warum sind Sie Politiker geworden?

Ich hatte an einer Sitzung ein spannendes Gespräch über Politik, an welchem auch Politikerinnen und Politiker aus Aarau zugegen waren. Von einer Person wurde ich damals zur Kandidatur für den Grossen Rat motiviert. Ich habe mich bereits in der Bezirks- und Kantonsschule sehr für Politik und Geschichte interessiert. Generell komme ich aus einer politischen Familie, so waren meine beiden Grosseltern in Suhr in politischen Gremien aktiv, mein Urgrossvater war langjähriger Gemeindeammann von Suhr.

Warum ist Andreas Glarner ein guter Politiker?

Andreas Glarner weiss, wie man Aufmerksamkeit erhält und tage- bis wochenlang als Gesprächsthema gehandelt wird. Einen guten Politiker macht aber auch aus, dass man Lösungen sucht und Wege aufzeigt, wie Probleme der Bevölkerung gelöst werden können. Herr Glarner ist aus meiner Sicht weit davon entfernt, denn er instrumentalisiert Angst, Hass und provoziert – sprich: Die Lösungssuche steht nicht im Fokus.

Wofür werden zu viele Steuergelder ausgegeben?

Aktuell für Impfgegner und Impfverweigerer. Generell werden zu viele Gelder für Militär und Strassen ausgegeben. In Buchs jedoch wird mit den Mitteln haushälterisch umgegangen. Die Gemeinde befindet sich aktuell in einer angespannten Finanzlage, da wird von den Gemeinde- und Einwohnerratsmitgliedern genau hingeschaut und im kleinen Rahmen noch Einfluss genommen. Im Grossen und Ganzen kann man sich über die Ausgaben der Steuergelder in Buchs aber nicht beklagen.

Wenn Sie einfach so könnten: Wofür würden Sie 10Millionen Steuerfranken ausgeben?

Für Umwelt, Jugend, Gesundheit sowie Hilfe an Menschen aus ärmeren und kriegsbetroffenen Ländern. Bei der Umwelt und Natur gibt es viel Nachholbedarf. Der monetäre Wert von Naturleistungen lässt sich leider oft nicht beziffern, dennoch sind diese Leistungen für uns von unbezahlbarem Wert. Corona und der regenreiche Sommer haben uns wieder mal vor Augen geführt, dass die Natur noch immer uns beeinflusst und nicht wir sie und dass wir sorgsam mit ihr umgehen sollen. Die Jugend ist unser grösstes Kapital, diese müssen wir fördern und ihnen alle Chancen und Möglichkeiten bieten. Am Ende ist Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden das Wichtigste. Finnland kennt einen Happiness-Index, bei welchem die Bevölkerung gefragt wird, was diese glücklich macht, und mit den Erkenntnissen wird wiederum Geld gesprochen. Ich denke, so etwas wäre auch ein Modell für die Schweiz.

Trauern Sie dem Zukunftsraum nach?

Die Analysen, die im Zuge dieses Projektes gemacht wurden, wären eine grosse Chance für Buchs gewesen. So hätte man fundiertere Grundlagen zu verschiedensten Themen erhalten, welche die Stadt Aarau sowie ihre Agglomeration in Zukunft beschäftigen werden. Durch den frühen Ausstieg des aktuellen Gemeinderates aus diesem Projekt haben die restlichen Gemeinden nun einen Planungsfortschritt gegenüber Buchs. Als Politiker soll man Volksentscheide akzeptieren können, und ein solcher ist zum Zukunftsraum gefallen.

Soll Buchs vermehrt sparen oder den hohen Steuerfuss längerfristig akzeptieren?

Buchs sollte mittelfristig den Steuerfuss erhöhen, um langfristig eine nachhaltige Finanzpolitik fahren zu können. Hierbei ist wichtig, dass dort gespart wird, wo es sinnvoll ist, sodass die Gemeinde nicht an Attraktivität verliert und die Einwohnenden möglichst wenig betroffen sind.

Warum könnten Sie sich vorstellen, in «Little Istanbul» (Aarauerstrasse) zu wohnen?

Ich finde, «Little Istanbul» ist der falsche Name, da dieser suggeriert, dass es sich um eine Parallelgesellschaft handelt. Mir gefällt das Multikulturelle in Buchs, und dies sollte unbedingt gefördert werden. Leuten, die von einer Parallelgesellschaft in Buchs sprechen, empfehle ich, die zahlreichen Geschäfte an der Aarauerstrasse zu besuchen. Denn wenn man offen aufeinander zugeht, merkt man, dass man nicht so verschieden ist, wie man auf den ersten Blick vielleicht denkt.

Was finden Sie attraktiv an sich?

Meine Fähigkeit, mit Personen verschiedenen Alters, aus unterschiedlichen Lebenslagen und mit allen möglichen Hintergründen zusammenarbeiten zu können und für Neues offen zu sein.